Eine gute Balance finden
Seit Juli arbeiten Sie im Kindergarten und haben seit September die Leitung inne. Was für ein Fazit ziehen Sie nach den ersten 100 Tagen?
Ich bin bestens angekommen. Meine Vorgängerin hat mich in die neuen Arbeitsfelder in den gemeinsamen fünf Wochen gut eingearbeitet. Das große Team hat mich herzlich willkommen geheißen. Das Gemeindebüro, die Hausmeister, alle haben mich in der ersten Zeit sehr gut unterstützt.
Was war bisher die größte Herausforderung?
Als Kindergartenleitung stehe ich oft im Zentrum von vielen Entscheidungen. Die größte Herausforderung ist tatsächlich eine Mitte zu finden, also eine Balance zwischen der direkten Arbeit am Kind mit meinen Fachkräften und der Komplexität aller Verwaltungsaufgaben im Büro und nach einem Arbeitstag zufrieden nach Hause zu gehen.
Was hat Sie bisher am meisten überrascht?
Die langjährige, wirklich tief sitzende Verbundenheit der Gemeinde mit dem Kindergarten. Ich war auf fünf Elternabenden. Sechzig Prozent der Eltern waren selber als Kinder hier und so begeistert, dass sie natürlich wollen, dass ihre Kinder auch hier in die Kita kommen. Ich habe derzeit zwei Fachkräfte, die frühere Kita-Kinder der Luthergemeinde waren. Die Kerbeburschen kommen jedes Jahr wieder, weil sie selber ihre Kindergartenzeit hier verbracht haben. Ich habe für nächstes Jahr eine Anfrage von zwei Neuntklässlern, die ihr Sozialpraktikum bei uns ableisten wollen, auch sie waren in der Luthergemeinde. Diese Verbundenheit beeindruckt mich unfassbar, diese positiven Erinnerungen von allen, die wiederkommen. Das habe ich so in dieser Form bisher nicht erlebt.
Sie lieben die Natur und haben in einem Waldkindergarten gearbeitet. Zu welchen Spielideen inspiriert Sie das Außengelände des Kindergartens?
Für mich ist die Natur ein Gegenpol zu allem, was wir sonst im Leben haben. Kinder in der heutigen Zeit haben bereits im Kindergartenalter viele Termine und sind oft gestresst. Die Natur, das weitläufige Außengelände mit viel Platz, mit Sand, mit Rindenmulch, mit Wiese, mit einer Wasserpumpe, mit Bäumen und Schatten ist für mich der perfekte Ort für die Kinder, um kreatives Freispiel zu gestalten. Sie brauchen nicht unbedingt Spielsachen. Sie können frei spielen, das Kindsein genießen und brauchen nicht mehr außer ihre Spielfreunde.
Die tierischen Freunde von Ochs und Esel sind Thema dieses Gemeindebriefes. Haben Sie ein Haustier? Haben Sie eine besondere Erinnerung an eine tierische Begegnung?
Derzeit habe ich kein Haustier, als Kind hatten wir einen Hund und eine Katze. Wir waren letztes Jahr in der Rhön im Urlaub. Dort gibt es einen besonderen Wildpark mit einem Freigehege für Rothirsche und Rehe. Wir sind auf einem Weg gelaufen. Plötzlich stand ein riesiger Rothirsch neben mir, er war viel größer als ich mit einem großen Geweih. Er hat sich aus der Hand füttern und streicheln lassen. Wir konnten das samtige Geweih anfassen. Ich hatte Gänsehaut und war tief beeindruckt von dieser Begegnung.
Weihnachten steht als nächstes Fest im Kalender: wie werden Sie feiern, mit den Kindergartenkindern und privat zu Hause?
Wir versuchen zu dem zurück zukommen, was vor Corona möglich war. Die Atmosphäre der Weihnachtszeit ist besonders, in allen Gruppen wird weihnachtlich gebastelt, im Morgenkreis wird die Weihnachtsgeschichte gelesen. Früher gab es Aktivitäten mit den Eltern, z.B. Plätzchenbacken. Der Nikolausbesuch am 6. Dezember ist immer ein wichtiges Erlebnis für die Kinder, habe ich mir sagen lassen. Es wird einen Kita-Weihnachtsgottesdienst geben, die Kinder führen ein Krippenspiel auf. Weihnachten zu Hause: ich bin ein Familienmensch und am liebsten feiere ich mit meiner gesamten Familie bei uns in gemütlicher Atmosphäre. Ein besonderer Ehrengast ist unsere Oma. Sie ist 92 Jahre alt, hat einen ganz trockenen Humor, wir lachen viel mit ihr. Es ist schön, dass sie immer mit dabei ist und uns mit ihrer Art und ihrem Humor beschenkt.
Das Gespräch führte Babette Chabilan, Oktober 2022