„Musik im Augenblick“ – Musizieren für Seniorinnen und Senioren – wird zu einem regelmäßigem Angebot. Mehr dazu erfahren Sie im nachfolgenden Interview mit Kirchenmusikerin Gudrun Wiediger.
Liebe Gudrun, Du hast eine umfangreiche Weiterbildung mit zahlreichen Seminaren, einem Praxisprojekt und einer Abschlussarbeit hinter Dir und machst im November Deine Abschlussprüfung zur Musikgeragogin. Dabei geht es um musikalische Bildung im Alter. Wie bist Du auf die Idee gekommen, Dich in diesem Bereich weiterzubilden?
Durch meine persönlichen Erfahrungen im letzten Jahr ist meine Achtung vor alten Menschen gewachsen, weil klar ist: Wer alt geworden ist, hatte vermutlich auch mal schwierige Zeiten gehabt und diese überstanden. Außerdem ist es für mich wie eine biografische Fortsetzung. Ich bin quasi in einem Altersheim aufgewachsen und habe meine Diplomarbeit über Singen mit alten Menschen geschrieben. Das war aber nur die Theorie. Und jetzt habe ich mir als Kirchenmusikerin ein Tätigkeitsfeld gewünscht, das tagsüber stattfindet. Das passt perfekt zusammen.
Wie bist Du auf die Idee zu Musik im Augenblick gekommen?
Für mein Praxisprojekt im Rahmen meiner Weiterbildung war ich auf der Suche nach etwas, das ältere Menschen emotional stärkt, Gemeinschaftsgefühl schafft und Freude am Rhythmus vermittelt. Außerdem ging es mir darum, Musik als Medium zu nutzen, um geistliche Texte aufzunehmen. Da kam das großzügige Angebot von Maria Rampelt, die Veeh-Harfen der Schillerschule nutzen zu dürfen, genau passend. Bei „Musik im Augenblick“ verbinde ich alles. 30 Minuten sitzen wir im Kreis und beschäftigen uns in fröhlicher Stimmung mit Rhythmus, Singen, Klatschen und Bewegung. Die restliche Zeit spielen wir auf den Veeh-Harfen Choräle, geistlichen Liedern und Kanons. Dafür sind keine Notenkenntnisse erforderlich, weil eine Schablone unter die Saiten gelegt wird, die zeigt, welche Saite gezupft werden muss.
„Musik im Augenblick“ ist mein einziges Angebot, das keine Auftritte beinhaltet und wirklich nur in dieser einen Stunde in der Woche, nur in diesem Augenblick stattfindet.
Was hat Dich während Deiner Ausbildung und bei der Arbeit mit älteren Menschen besonders berührt?
In der Ausbildung waren die soziologischen Informationen sehr hilfreich, weil ich mich dadurch besser in die Lebenswelt der Seniorinnen und Senioren versetzen konnte. Musikalisch fasziniert mich die Kombination aus Bewegung, Rhythmus, Sprache und Singen, weil sie spielerisch die Gehirntätigkeit anregt. Ich erlebe tatsächlich, dass Lernen auch mit demenziellen Veränderungen gut möglich ist.
Wir proben in einem ruhigen Tempo. Das ist wohltuende Entschleunigung. Und das Allerschönste: Ich sehe strahlende Augen bei den Menschen, die mitmachen. Sie äußern eine große Dankbarkeit, auch wenn nicht immer alles klappt. Ich freue mich, zu ihrem Glück etwas beizutragen.
Das Gespräch führte Dr. Claudia Klemm.